Was ist die Heizlast?
Die Heizlast (auch Norm-Heizlast) beschreibt die Wärmeleistung, die ein Gebäude bei der kältesten zu erwartenden Außentemperatur benötigt, um eine definierte Innentemperatur zu halten. Sie ist die zentrale Größe für die Dimensionierung von Heizungsanlagen.
Die Grundidee
Stellen Sie sich Ihr Gebäude als eine Badewanne vor:
- Wasser fließt ab = Wärme geht verloren (durch Wände, Fenster, Lüftung)
- Wasser fließt zu = Heizung liefert Wärme
- Wasserstand bleibt konstant = Raumtemperatur bleibt stabil
Die Heizlast beantwortet die Frage: Wie viel Wärme muss die Heizung liefern, damit es drinnen warm bleibt, wenn es draußen am kältesten ist?
Die Norm: DIN EN 12831
Die Berechnung der Heizlast ist in der europäischen Norm DIN EN 12831 standardisiert:
| Teil | Inhalt |
|---|---|
| DIN EN 12831-1 | Raumheizlast (Hauptnorm) |
| DIN EN 12831-3 | Trinkwassererwärmung |
| DIN/TS 12831-1 Beiblatt 1 | Nationale Ergänzungen für Deutschland |
Die Norm definiert standardisierte Berechnungsverfahren, Klimadaten und Randbedingungen, damit Heizlasten vergleichbar und reproduzierbar sind.
Die zwei Komponenten der Heizlast
Die Heizlast setzt sich aus zwei Hauptkomponenten zusammen:
1. Transmissionswärmeverluste (ΦT)
Wärme, die durch die Gebäudehülle nach außen „fließt":
- Durch Außenwände
- Durch Fenster und Türen
- Durch Dach und Kellerdecke
- Über Wärmebrücken
Formel: ΦT = Σ (U × A × fT) × (θi - θe)
- U = Wärmedurchgangskoeffizient (W/m²K)
- A = Fläche des Bauteils (m²)
- fT = Korrekturfaktor (z.B. für Erdreich)
- θi = Innentemperatur (°C)
- θe = Norm-Außentemperatur (°C)
2. Lüftungswärmeverluste (ΦV)
Wärme, die durch Luftaustausch verloren geht:
- Infiltration: Unkontrollierte Luftundichtigkeiten
- Fensterlüftung: Manuelles Lüften
- Mechanische Lüftung: Lüftungsanlagen (mit/ohne WRG)
Formel: ΦV = V × n × ρ × cp × (θi - θe)
- V = Raumvolumen (m³)
- n = Luftwechselrate (1/h)
- ρ × cp = 0,34 Wh/(m³K) für Luft
Die Gesamtheizlast
Die Norm-Heizlast eines Raumes ergibt sich aus:
ΦHL = ΦT + ΦV + ΦRH
| Symbol | Bedeutung |
|---|---|
| ΦHL | Norm-Heizlast des Raumes |
| ΦT | Transmissionswärmeverluste |
| ΦV | Lüftungswärmeverluste |
| ΦRH | Zusatz-Aufheizleistung (optional) |
Die Gebäudeheizlast ist die Summe aller Raumheizlasten – allerdings können hier Gleichzeitigkeitsfaktoren angewendet werden.
Warum ist die Heizlast so wichtig?
Die Heizlast bestimmt maßgeblich:
1. Dimensionierung des Wärmeerzeugers
| Heizlast | Empfehlung |
|---|---|
| 5 kW | Kleine Wärmepumpe oder Gasbrennwert |
| 10 kW | Mittlere Wärmepumpe |
| 15+ kW | Große Wärmepumpe oder Kaskade |
Zu große Heizung: Taktet ständig, arbeitet ineffizient, verschleißt schneller
Zu kleine Heizung: Gebäude wird bei Extremkälte nicht warm
2. Dimensionierung der Heizkörper
Jeder Raum benötigt Heizkörper, die seine individuelle Heizlast decken können. Die Raumheizlast bestimmt:
- Heizkörper-Typ (Typ 11, 21, 22, 33...)
- Heizkörper-Größe (Länge × Höhe)
- Anzahl der Heizkörper
3. Vorlauftemperatur
Je niedriger die spezifische Heizlast (W/m²), desto niedriger kann die Vorlauftemperatur sein:
| Spez. Heizlast | Typische Vorlauftemperatur |
|---|---|
| < 40 W/m² | 35-45°C (ideal für Wärmepumpe) |
| 40-60 W/m² | 45-55°C (Niedertemperatur) |
| > 60 W/m² | 55-70°C (konventionell) |
Norm-Außentemperatur: Der Auslegungsfall
Die Heizlast wird für den kältesten zu erwartenden Fall berechnet. Die Norm-Außentemperatur ist standortabhängig:
| Region | Beispielstadt | Norm-Außentemperatur |
|---|---|---|
| Milde Lagen | Köln, Düsseldorf | -10°C |
| Mittelgebirge | Frankfurt, Stuttgart | -12°C |
| Alpenvorland | München, Augsburg | -14°C |
| Bergregionen | Oberstdorf | -16°C bis -18°C |
Praxistipp: Die Norm-Außentemperatur finden Sie in der DIN/TS 12831-1 Beiblatt 1 oder nutzen Sie unseren Heizlast-Rechner, der die korrekten Werte automatisch ermittelt.
Heizlast vs. Wärmebedarf
Diese beiden Begriffe werden oft verwechselt:
| Begriff | Einheit | Bedeutung | Analogie |
|---|---|---|---|
| Heizlast | kW | Momentane Leistung | Motorleistung |
| Wärmebedarf | kWh/a | Jahresenergie | Jahreskilometer |
Die Heizlast ist eine Leistung – sie sagt, wie stark die Heizung sein muss.
Der Wärmebedarf ist eine Energiemenge – er sagt, wie viel Energie über das Jahr verbraucht wird.
Einflussfaktoren auf die Heizlast
Die Heizlast hängt von vielen Faktoren ab:
Gebäudehülle
- Dämmstandard (U-Werte der Bauteile)
- Fensterqualität (Verglasung, Rahmen)
- Luftdichtheit (Blower-Door-Wert)
- Wärmebrücken (Anschlüsse, Durchdringungen)
Gebäudegeometrie
- Kompaktheit (A/V-Verhältnis)
- Ausrichtung (Nord-/Südseite)
- Verschattung (Nachbargebäude, Bäume)
Nutzung
- Innentemperatur (20°C Standard, Bad oft 24°C)
- Lüftungsverhalten (mechanisch/manuell)
- Interne Wärmequellen (Personen, Geräte)
Der Heizlast-Rechner
Unser Heizlast-Rechner führt die vollständige Berechnung nach DIN EN 12831-1 durch:
- Standort eingeben → Klimadaten werden ermittelt
- Gebäude definieren → Bauteile und U-Werte
- Räume anlegen → Individuelle Raumheizlasten
- Ergebnis erhalten → Raumheizlasten und Gebäudeheizlast
Jetzt berechnen: Ermitteln Sie die Heizlast Ihres Gebäudes mit unserem kostenlosen Heizlast-Rechner.
Weiterführende Artikel
- Transmissionswärmeverluste – Wärmeverluste durch die Gebäudehülle
- Lüftungswärmeverluste – Der Einfluss von Luftwechsel
- Der U-Wert erklärt – Die wichtigste Bauteil-Kennzahl
- Wärmebrücken – Die versteckten Wärmeverluste
Quellen
- DIN EN 12831-1:2017-09 – Energetische Bewertung von Gebäuden – Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast
- DIN/TS 12831-1 Beiblatt 1 – Nationale Ergänzungen