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Der Anti-Kühlschrank: Wie funktioniert eine Wärmepumpe?

Einleitung: Der Superstar der Heiztechnik

Wärmepumpen tauchen innerhalb der letzten Jahre immer wieder in den Medien auf und sind insbesondere für Hausbesitzer interessant. Moderne Wärmepumpen sollen effizient, leise und vor allem nachhaltig sein.

Beeindruckende Zahlen

  • Über 70% aller neuen Bauprojekte in Deutschland (2023) sehen eine Wärmepumpe als primäre Heizquelle vor
  • Der weltweite Umsatz wird 2024 voraussichtlich 70 Milliarden US-Dollar erreichen
  • Das Funktionsprinzip wurde bereits im 17. Jahrhundert entdeckt
  • Die erste Fußbodenheizung mit Wärmepumpe wurde 1968 installiert

Warum der Boom?

Treibende Faktoren für Wärmepumpen sind:

  • Hohe Energiepreise für fossile Brennstoffe
  • Steigendes Umweltbewusstsein
  • Technischer Fortschritt
  • Kombination mit Solarenergie ermöglicht CO2-neutrales Heizen

Wärmepumpe und Kühlschrank: Enge Verwandte

Wärmepumpen und Kühlschränke sind eigentlich enge Verwandte – fast wie Brüder. Warum ähneln sich diese Geräte so stark, obwohl sie für vollkommen gegensätzliche Aufgaben entwickelt wurden?

Auf den ersten Blick scheinen beide Geräte gegensätzliche Aufgaben zu erfüllen – doch ein Blick unter die Haube zeigt verblüffende Ähnlichkeiten:

Gerät Nimmt Wärme auf von Gibt Wärme ab an
Kühlschrank Innenraum Umgebung (Rückseite)
Wärmepumpe Umgebung Innenraum (Heizung)

Das Funktionsprinzip ist identisch – nur das Ziel ist umgekehrt!

Physikalische Grundlagen

Um Wärmepumpen zu verstehen, müssen wir zunächst zwei Konzepte klären:

  1. Aggregatzustände
  2. Wärmeübertragung

Die Physik der Aggregatzustände

Teilchenmodell für Aggregatzustände

Fest, flüssig und gasförmig – diese drei Aggregatzustände sind allgegenwärtig. Aber was genau ist ein Aggregatzustand?

Definition: Der aktuelle Status oder die Erscheinungsform von Materie, bestimmt durch die Bewegung der Teilchen.

Fundamentales Naturgesetz: Bei steigender Temperatur bewegen sich Teilchen schneller und stärker.

Die Eigenschaften der drei Aggregatzustände unterscheiden sich grundlegend:

Aggregatzustand Teilchenbewegung Struktur
Fest Vibrieren am Platz Geordnete Struktur
Flüssig Bewegen sich, bleiben verbunden Teilweise geordnet
Gasförmig Bewegen sich frei Keine Struktur

Wichtig: Der Übergang von einem in den anderen Zustand erfordert Energieaufnahme oder -abgabe. Genau das nutzt die Wärmepumpe!

Die zwei Hauptsätze der Thermodynamik

Die Wissenschaft der Wärme – die Thermodynamik – hat zwei fundamentale Regeln:

1. Hauptsatz: Energieerhaltung

Energie kann nicht aus dem Nichts geschaffen oder vernichtet werden. Sie kann nur umgewandelt werden.

Beispiele:

  • Elektrische Energie → Wärme (Elektroheizung)
  • Chemische Energie → Wärme (Feuer)

2. Hauptsatz: Wärmerichtung

Wärme bewegt sich immer von Warm zu Kalt.

Die Natur versucht immer, ein energetisches Gleichgewicht zu erreichen.

Beispiel Kamin: Die Wärme verlässt den heißen Kamin und erwärmt den kalten Raum – nie umgekehrt.

Die drei Arten der Wärmeübertragung

Wärmeübertragungsarten: Konduktion, Konvektion und Strahlung

Wärme kann auf verschiedene Weisen von einem Ort zum anderen gelangen:

Art Beschreibung Beispiel
Konduktion (Wärmeleitung) Direkter Kontakt zweier Stoffe Hand auf Heizung
Konvektion (Wärmestrom) Wärmetransport durch bewegte Gase/Flüssigkeiten Warme Luft steigt auf
Strahlung Elektromagnetische Wellen Sonnenwärme

Konduktion (Wärmeleitung)

Die schnellen Teilchen des wärmeren Materials stoßen die langsameren Teilchen des kälteren an. So überträgt sich die Wärme durch direkten Kontakt.

Konvektion (Wärmestrom)

Warme Luft hat eine geringere Dichte und steigt auf. Sie nimmt die Wärme mit und transportiert sie an einen anderen Ort.

Kreislauf:

  1. Luft wird erwärmt → Dichte sinkt → steigt auf
  2. Oben kühlt die Luft ab → Dichte steigt → sinkt ab
  3. Unten wird sie wieder erwärmt → Kreislauf schließt sich

Wärmestrahlung

Elektromagnetische Wellen im Infrarotbereich. Braucht kein Übertragungsmedium – deshalb erreicht uns auch die Sonnenwärme durch das Vakuum des Weltalls.

Das Funktionsprinzip der Wärmepumpe

Funktionsprinzip einer Wärmepumpe

Die Wärmepumpe "pumpt" Wärme von einem Ort zum anderen – genau wie eine Wasserpumpe Wasser transportiert.

Der Grundgedanke

Die Wärmepumpe:

  • Entzieht der Umgebung Wärme (selbst bei kalter Luft!)
  • Verdichtet diese Wärme auf ein höheres Temperaturniveau
  • Gibt die Wärme an das Heizsystem ab

Aber wie gewinnt man Wärme aus kalter Luft?

Das Geheimnis liegt im Kältemittel – eine spezielle Flüssigkeit, die bereits bei sehr niedrigen Temperaturen verdampft und dabei Wärme aufnimmt.

Der Kreislauf in vier Phasen

Kreislaufprozess einer Wärmepumpe

Phase 1: Verdampfung (Wärmeaufnahme)

  1. Das flüssige Kältemittel fließt durch den Verdampfer (Wärmetauscher)
  2. Umgebungsluft wird durch einen Ventilator angesaugt
  3. Selbst kalte Luft enthält Wärmeenergie
  4. Das Kältemittel nimmt diese Wärme auf und verdampft (wird gasförmig)

Phase 2: Verdichtung (Temperaturerhöhung)

  1. Das gasförmige Kältemittel gelangt zum Verdichter (Kompressor)
  2. Der Verdichter komprimiert das Gas mechanisch
  3. Durch die Kompression steigt der Druck und damit die Temperatur
  4. Das Kältemittel hat jetzt eine nutzbare, hohe Temperatur

Phase 3: Verflüssigung (Wärmeabgabe)

  1. Das heiße, komprimierte Gas fließt zum Verflüssiger (zweiter Wärmetauscher)
  2. Die Wärme wird an das Heizungswasser übertragen
  3. Das Kältemittel kondensiert (wird wieder flüssig)
  4. Das erwärmte Wasser fließt zur Fußbodenheizung oder zu Heizkörpern

Phase 4: Entspannung (Druckabbau)

  1. Das flüssige Kältemittel hat noch erhöhten Druck
  2. Das Expansionsventil lässt den Druck ab
  3. Druck sinkt → Temperatur sinkt
  4. Das Kältemittel ist wieder im Ausgangszustand

Dann beginnt der Kreislauf von vorne!

Zusammenfassung der Phasen

Die vier Phasen des Wärmepumpen-Kreislaufs lassen sich übersichtlich zusammenfassen:

Phase Komponente Vorgang Aggregatzustand
1 Verdampfer Wärmeaufnahme Flüssig → Gasförmig
2 Verdichter Druckerhöhung Gasförmig (heiß)
3 Verflüssiger Wärmeabgabe Gasförmig → Flüssig
4 Expansionsventil Druckabbau Flüssig (kalt)

Kein Widerspruch zur Physik!

Auf den ersten Blick scheint die Wärmepumpe den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zu verletzen: Wärme fließt von Kalt (Außenluft) zu Warm (Heizung).

Die Lösung: Es wird Energie (elektrischer Strom für den Kompressor) aufgewendet, um den natürlichen Wärmefluss umzukehren. Das System als Ganzes folgt den Naturgesetzen!

Der Trick

  1. Das Kältemittel ist kälter als die Außenluft → Wärme fließt hinein (physikalisch korrekt)
  2. Durch Verdichtung wird das Kältemittel wärmer als das Heizungswasser → Wärme fließt hinaus (physikalisch korrekt)

Die Wärmepumpe erschafft keine Energie aus dem Nichts – sie transportiert und transformiert sie nur sehr geschickt!

Vor- und Nachteile von Wärmepumpen

Vorteile

Wärmepumpen bieten gegenüber konventionellen Heizsystemen zahlreiche Vorteile:

Vorteil Erklärung
Hohe Effizienz Aus 1 kWh Strom werden 3–5 kWh Wärme
Umweltfreundlich Keine direkten CO2-Emissionen
Niedrige Betriebskosten Günstiger als Öl oder Gas
Lange Lebensdauer 15–25 Jahre
Wartungsarm Keine Verbrennung = wenig Verschleiß
Kein Brennstofflager Kein Öltank, kein Gasanschluss nötig
Förderung Staatliche Zuschüsse verfügbar

Nachteile

Trotz der vielen positiven Eigenschaften gibt es auch Aspekte, die bedacht werden sollten:

Nachteil Erklärung
Hohe Anschaffungskosten 10.000–25.000 € je nach Typ
Stromabhängig Benötigt elektrischen Strom
Effizienz sinkt bei Kälte Weniger effizient bei sehr tiefen Temperaturen
Geräuschentwicklung Außeneinheit kann hörbar sein
Niedrige Vorlauftemperaturen Nicht für alle Heizsysteme geeignet
Platzbedarf Außeneinheit oder Erdarbeiten nötig

Fazit

Merksatz: Wärmepumpen nutzen clevere Physik, um Wärme aus der Umgebung zu gewinnen und auf ein nutzbares Niveau zu bringen. Der Kreislauf aus Verdampfen, Verdichten, Verflüssigen und Entspannen macht es möglich, selbst aus kalter Winterluft Heizwärme zu gewinnen.

Weiter geht's: Im nächsten Artikel Die Komponenten: Wärmetauscher, Kompressor und Expansionsventil schauen wir uns die einzelnen Bauteile einer Wärmepumpe genauer an.


Die komplette Artikelserie „Wärmepumpen"

  1. Der Anti-Kühlschrank: Wie funktioniert eine Wärmepumpe? – Sie sind hier
  2. Die Komponenten: Wärmetauscher, Kompressor und Expansionsventil – Bauteile
  3. Kennzahlen und Dimensionierung von Wärmepumpen – COP, JAZ und mehr
  4. Betriebsweisen: Monovalent, Bivalent und Hybrid – Betriebsarten
  5. Wärmepumpen-Typen und das Dreamteam mit Solaranlagen – Luft-Wasser, Sole-Wasser & Solar

Quellen